Gut gemischt – gut gesungen

Aus der „jot w.d. – DIE ANDERE AUS DEM WUHLETAL“ Nr. 8/2001


Es begann alles im März 1984 in der Marzahner Promenade 14…

Marzahn – Sie sind heute von keinem Volksfest in Marzahn-Hellersdorf mehr wegzudenken. In vielen Kindergärten und Schulen kennt man sie. Inzwischen ist ihr Ruhm sogar nach Bayern und in die polnische Partnerstadt Tychy vorgedrungen. Die Rede ist von der „Marzahner Promenaden-Mischung“.
Begonnen hat alles im März 1984 im Hochhaus Marzahner Promenade 14. Eine Veranstaltung der Nationalen Front wurde vorbereitet als Dankeschön für die vielen fleißigen ehrenamtlichen Helfer beispielsweise bei der Pflege der Grünanlagen. Eine kulturelle Umrahmung musste her, die Puhdys waren wohl gerade mal wieder im Westen unterwegs oder auch zu teuer, jedenfalls wurde in einer fröhlichen Runde bei einer Flasche Rotwein im Wohnzimmer der Familie Gensicke die Idee geboren: „Wir machen selbst die Kultur.“ Gesagt, getan, eine Frau und fünf Männer setzten sich zusammen, schrieben Texte zu bekannten Melodien und legten los. Die Texte hatten immer etwas mit der Entwicklung in Marzahn zu tun, waren kritisch, selbstkritisch, immer mit einem kleinen Augenzwinkern verbunden.

Eine Frau und fünf Männer legten den Grundstein für den „Chor der HGL-Vorsitzenden“, Helga Lehmann, Harry Hörold, Bernd Liesche, Achim Jahn, Karl-Heinz Gensicke und Bernd Engling waren insgesamt bei 50 Veranstaltungen im Bezirk dabei.

Und so ist es bis heute geblieben, obwohl sich der alte Chor der HGL-Vorsitzenden mächtig verjüngt hat. Und das kam so: Margot Boesecke, Marzahner Lehrerin, leitete an ihrer Schule einen Chor. Warum also nicht mal zusammen auftreten? Den ersten gemeinsamen Auftritt hatten sie dann 1987 – das war aber längst noch nicht die Promenadenmischung, sondern bestenfalls der Vorläufer. Die Idee für die Mischung wurde im März 1990 geboren – wieder in der Promenade 14. Warum eine schöne Sache aufgeben, nur weil sich alles gewendet hatte? Die Kinder waren mit Begeisterung dabei, von den Gründungsmitgliedern blieben auch einige, weil Musik Spaß macht und die Arbeit eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung geworden war. Und was sich beim alten Chor bewährt hatte – ein Marzahner Programm mit und für die Zuschauer zu machen – warum sollte man das einfach über Bord werfen? Karl-Heinz Gensicke und Bernd Engling waren rund um die Marzahner Promenade keine Unbekannten. Margot Boesecke von der 24. Oberschule hatte mit ihrem Schulchor ebenfalls viele Auftritte hinter sich. Sie gehörte zu Jenen, die im Verein weiter mitmachten und am 27. Oktober mit der Promenadenmischung ihren ersten offiziellen Auftritt hatten. Und der war auch noch etwas besonderes – beim Lagerfeuer des Bürgerkomitees Marzahner Promenade. Margot Boesecke entwarf in vielen Stunden der Freizeit Kostüme, studierte mit den Kindern nicht nur Texte, sondern auch die Tänze ein. Und nach der Veranstaltung saß sie so manche Stunde noch zu Hause, um die Kostüme wieder in Ordnung zu bringen. Sie wurde zu dem „allround“-Genie, das jeder Verein braucht, um zu überleben – natürlich immer unterstützt von den Eltern und den anderen Mitstreitern. Denn das gehört bei den „Marzahner Jörn“ auch zum guten Ton, die Eltern der Kinder sind zum Teil Vereinsmitglieder und stehen in vielen Stunden ihrem Chor zur Seite. Die Texte entstanden immer noch in der Wohnstube von Bernd Engling. Der Erfolg hat viele Mütter und Väter: Jeder hat seine Spezialstrecke, Winfried Nitzschke betreut die Internet-Seite. Andere suchen nach Sponsoren, halten Verbindung zum Bezirksamt und zu Produzenten, denn schließlich gibt es inzwischen zwei eigene CD’s und auf drei CD’s sind die „Marzahner Jörn“ zu hören.

Sie studieren nicht nur Lieder und Tänze ein, sondern gestalten jedes Jahr ein neues Programm, das sie je nach Auftrittsort variieren können. Besonders erfolgreich sind sie immer wieder zum Jahresende mit ihrem „Winterzeit – schöne Zeit“. Seit Oktober 1990 kann die Marzahner Promenaden-Mischung auf 600 Auftritte mit 10 verschiedenen Einstundenprogrammen in großer und kleiner Besetzung zurückblicken. Zu ihrem Erfolg gehören natürlich auch sieben Konzertreisen und 4 CD-Produktionen, davon zwei eigene.
1992 wurde dann auch der Verein gegründet, in dem heute zehn Mitglieder wirken. 30 Kinder singen und tanzen zur Zeit bei der Promenadenmischung. Insgesamt waren es in den elf Jahren über 180 Schüler, die in diesem Ensemble ihrem Hobby nachgingen und vielen Menschen mit ihren Programmen Freude bereiteten.

„Strenge Aufnahmemaßstäbe gibt es nicht“, erklärt Bernd Engling. „Die Kinder sollten viel Freude am Tanzen und Singen mitbringen.“ Eigentlich nimmt der Chor Schüler ab der 4. Klasse auf. Aber es gibt auch die berühmten Ausnahmen, berichtet Bernd Engling. Diese Ausnahme hieß Max, der gerade erst sechs Jahre alt war, als er mit seiner Mutti zur Probe erschien. Weil er alle Texte mitsingen konnte, wurde er aufgenommen. Und das ist nun auch schon wieder sechs Jahre her.

Mitte Juni waren die „Marzahner Jörn“ mit ihrem lustigen Berlin-Programm in der Partnerstadt Dillingen an der Donau. Diese Fahrten nach Bayern gehören nun auch schon seit sechs Jahren zum Alltag der Promenadenmischung. Diese Fahrt hatte aber wieder etwas Besonderes: Sieben Chorkinder wurden für ihr langjähriges Mitwirken ausgezeichnet: Jenny, Kerstin und Nadine sind vier Jahre dabei und erhielten den vereinseigenen „Durchhalteorden“, Kathi für fünf Jahre den großen Durchhalteorden und Max für sechs Jahre ein Ehrendiplom sowie Nancy und Katrin für sieben Jahre einen Ehrenpokal.

Ob in den Bayrischen Städten Dillingen und Lauingen, beim Bund der Berliner und Freunde Berlins oder beim Kinderfest in Marzahn-Hellersdorf: Die Marzahner Promenaden-Mischung gehört zur Kultur im Bezirk.

Klaus Teßmann

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