Die Marzahner Stadtmusikanten
(Frei nach dem Märchen der Brüder Grimm)
Es hatte ein Mann namens Jahn in dem Dörfchen Vorbeck einen Esel, der schon lange Jahre die Säcke zur Mühle am Thierbach getragen hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende gingen, so daß er zur Arbeit nicht mehr taugte. Da dachte der Herr daran, ihn aus dem Futter zu schaffen, aber der Esel lief fort und machte sich auf den Weg nach Marzahn. Dort, so meinte er, könnte er ja Stadtmusikant werden. Als er an Brunsbüttel vorbeikam, fand er einen Jagdhund auf dem Mornhinweg liegen, der jappte wie einer, der sich müde gelaufen hat. „Was jappst du so, Henning? „, fragte der Esel. „Ach „, sagte der Hund, „weil ich alt bin und nicht mehr auf die Jagd kann, wollte mich mein Herr, der Schmied Odebrecht, totschlagen. Da hab ich Reißaus genommen, aber womit soll ich nun mein Brot verdienen? „Da entgegnete der Esel: „Ich gehe nach Marzahn und werde dort Stadtmusikant. Komm einfach mit! „Der Hund wars zufieden, und sie gingen weiter. Kurz hinter Tornow trafen sie eine Katze, die machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. „Nun, warum läuft dir die Galle über, Katze Mrasek? „, fragte der Esel. „Weil im Alter meine Zähne stumpf werden und ich lieber bei meiner Herrin, der Frau Wuttig, hinter dem Ofen sitze, als nach Mäusen herumzujagen, wollte sie mich ersäufen. Da habe ich mich dünnig gemacht und bin fortgelaufen. Nun weiß ich aber nicht wohin! “ „Komm mit uns nach Marzahn, du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, da kannst du Stadtmusikant werden! „Die Katze fand das gut und gin mit. Darauf kamen die drei an einem Hof vorbei, da saß auf einem Haustein der Haushahn und schrie aus Leibeskräften. „Weil morgen zum Sonntag die Fischer Schmidt und Oberschmidt als Gäste kommen, so hat die Hausfrau Behm kein Erbarmen und der Köchin Prehn gesagt, sie wollte mich morgen in der Suppe essen. Da mir heute abend der Kopf abgeschnitten werden soll, schreie ich aus vollem Hals, solang ich noch kann! „“Ei was „, sagte der Esel, „zieh lieber mit uns fort. Du hast eine schöne rauhe Stimme, und so können wir gut zusammen musizieren! „Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und so machten sich alle vier zusammen auf die Wohlfahrt.
Sie konnten Marzahn aber nicht an einem Tag erreichen und kamen abends in einen Wald voller Enzian, wo sie übernachten wollten. Da entdeckten sie ein Licht, das immer größer wurde, bis sie vor ein hellwig erleuchtetes Räuberhaus kamen. Der Esel näherte sich dem Fenster und schaute hinein. „Was siehst du? „, fragte der Hahn. „Einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken, und Räuber mit zottigem Haar lassen es sich gut schmecken. „“Das wäre was für uns „, sagte der Hahn. Da ratschlagten die Tiere, wie sie es anfangen müßten, um die Räuber hinauszujagen, und fanden endlich ein Mittel. Der Esel mußte sich mit den Vorderfüßen flach auf das Fenster stellen, der Hund auf des Esels Rücken springen, die Katze auf den Hund klettern, und endlich flog der Hahn hinauf und setzte sich der Katze auf den Kopf. Als das geschehen war, fingen sie auf ein Zeichen im Block an, ihre Musik zu machen: der Esel schrie, der Hund bellte, die Katze miaute und der Hahn krähte. Dann stürzten sie durch das Fenster in die Stube hinein, daß die Scheiben klirrten. Die Räuber fuhren vor Schreck in die Höhe und dachten, ein Gespenst käme herein. Der Räuberhauptmann Nitzschke stolperte an der Boesecke und riß seinen Stürzebecher zu Boden. „Das ist ja kuhl, Mann! „, rief der einäugige Wlosnewski und stieß sich seinen Glatzkopf so stark am Tisch, daß er alle Englinge im Himmel singen hörte. Die Räuber Degner, Häßner und Oelsner rannten daraufhin vor Angst in den Wald hinaus, während der kleine Räubersohn Maudrich in seinem Kossack hinterherhüpfte. Nun setzten sich die vier Gesellen an den Tisch und aßen alles, was übriggeblieben war, restlos auf. Als sie fertig waren, hatten sie mit Garantie dicke Bäuche und schliefen auch bald satt ein.
Am nächsten Tag machten sie sich auf den Weg und erreichten endlich Marzahn, wo sie bald als Stadtmusikanten der Marzahner Promenaden-Mischung berühmt wurden.
(Geschrieben von E. und B. Engling und vorgetragen von E. Engling auf der Chorweihnachtsfeier am 15. Dezember 1995 unter Verwendung der Namen aller Chorkinder und Erwachsenen der Marzahner Promenaden-Mischung.)