Weihnachtsfeier 2001

Rumpelstilzchen

(Frei nach dem Märchen der Brüder Grimm)

Es war einmal ein Koch mit Namen Korsus, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, daß er mit dem König Tandel zu sprechen kam, und sagte ihm: „Ich habe eine Tochter Wenani, die kann Stroh zu Gold spinnen.“ Der König sprach: „Das ist eine gute Gabbe und eine Kunst, die mir gefällt. Bring sie mir morgen in mein Schloß, da will ich sie auf die Probe stellen.“ Als nun das Mädchen zu ihm gebracht ward, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh lag, und sprach: „Hoo, geh jetzt und mach dich an die Arbeit, und wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so mußt du sterben.“ Darauf schloß er die Kammer selbst zu, und sie blieb allein darin.

Da saß nun das arme Mädchen und wußte gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte und fing an zu weinen. Da ging auf einmal mit einem Dieterich die Türe auf, ein kleines Männchen trat herein und sprach: „Was gibst du mir, wenn ich dir’s spinne?“ „Eine Scheibke Brot“, sagte das Mädchen. Das Männchen nahm die Scheibe, setzte sich vor das Rädchen und dreimal gezogen, war die Spule voll. So ging’s fort bis zum Morgen, da war alles Stroh versponnen, und alle Spulen waren voll Gold. Bei Sonnenaufgang kam schon der König, und als er das Gold erblickte, erstaunte er und freute sich, aber sein Herz war noch goldgieriger. Er ließ das Mädchen in eine andre Kammer voll Stroh bringen, die noch viel größer war, und befahl ihr, das auch in einer Nacht zu spinnen. Das Mädchen wußte sich nicht zu helfen und weinte, da erschien das kleine Männchen und sprach: „Was gibst du mir, wenn ich dir das Stroh zu Gold spinne?“ „Meinen Ring von dem Finger“, antwortete das Mädchen. Das Männchen nahm den Ring, fing wieder an und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen. Der König freute sich über die Maßen bei dem Anblick, aber er ließ sie in eine riesengrosse Kammer voll Stroh bringen und sprach: „Die mußt du noch in dieser Nacht verspinnen, wendt’s dir aber gelingt, so sollst du meine Gemahlin werden.“ Als das Mädchen allein war, kam das Männchen zum drittenmal wieder und sprach: „Was gibst du mir, wenn ich dir noch einmal das Stroh spinne?“ „Ich habe nichts mehr, das ich dir geben könnte“, antwortete das Mädchen. „So versprich mir, wenn du Königin wirst, dein erstes Kind.“ Das Mädchen wußte sich in seiner Not nicht anders zu helfen. Sie versprach dem Männchen, was es verlangte, und das Männchen spann dafür noch einmal das Stroh zu Gold. Und als am Morgen der König kam und alles fand, wie er es gewünscht hatte, hielten sie Hochzeit, und das Mädchen ward eine Königin.

Ein Jahr später im May brachte sie ein schönes Kind namens Hagen Petermann zur Welt und dachte gar nicht mehr an das Männchen. Da wandelte es plötzlich in ihre Kammer und sprach: „Nun gib mir, was du versprochen hast.“ Die Königin erschrak und bot dem Männchen einen goldenen Stürzebecher und alle Reichtümer an, wenn es ihr das Kind lassen wollte. Er lehnte ab, aber als die Königin zu weinen anfing, hatte er Mitleid mit ihr. „Drei Tage will ich dir Zeit lassen“, sprach er, „wenn du bis dahin meinen Namen weißt, so sollst du dein Kind behalten.“

Nun besann sich die Königin die ganze Nacht über auf alle Namen, die sie jemals gehört hatte, und schickte den Boten Berberich über Land, der sollte sich erkundigen weit und breit, was es sonst noch für Namen gäbe. Als am andern Tag das kleine Männchen kam, fing sie an mit Schmidt, Schulz, Voigt, Neugebauer und sagte alle Namen, die sie wußte, aber bei jedem sprach das Männchen: „So heiß ich nicht, du Scherzer.“ Den zweiten Tag ließ sie in der Nachbarschaft herumfragen, wie die Leute da genannt würden, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten Namen vor: „Heißt du vielleicht Baumann oder Höchsmann oder Lippmann oder Wassermann?“ Aber es antwortete immer: „So heiß ich nicht.“ Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte: „Neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich hinter dem Mahlendorf an einen hohen Berg um die Boesecke kam, wo Fuchs und Zobel sich gute Nacht sagen, sah ich ein kleines Blockhaus, vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein Männchen mit Turban und einem Kossack wie ein Zappelphilipp herum, hüpfte auf einem Bein im Enzian und schrie: „Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind.

Ach, wie gut, daß niemand weiß, daß ich Rumpelstilzchen heiß!“

Da könnt ihr denken, wie froh die Königin war, als sie den Namen hörte, und als das Männlein hereintrat, fragte sie erst: „Heißt du Nitzschke?“ „Nein.“ „Heißt du Sültmann?“ „Nein.“ „Heißt du etwa Rumpelstilzchen?“ „Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt“, schrie das Männlein, zupfte an seinem grothen Bartkowiak und stieß mit dem rechten Wockenfuß vor Zorn so tief in die Erde, daß er vor Schmerz wie die Englinge im Himmel zu singen anfing. Da sagte die Königin: „Da du so schön singen und tanzen kannst, machst du beim Märchen-Rock’n Roll der Marzahner Promenaden-Mischung mit!“ und das Männlein war fortan glücklich und zufrieden.

(Geschrieben und vorgetragen von B. Engling auf der Chorweihnachtsfeier am 12. Dezember 2001 unter Verwendung der Namen aller Chorkinder und Erwachsenen der Marzahner Promenaden-Mischung.)